Grundlagen der Elektrotechnik

Inhaltsverzeichnis

 

3 Physikalische Grundlagen

3.1 Phänomene der Elektrizität – Ladung durch Reibung

Im antiken Griechenland wurde beobachtet, dass ein mit Wolle geriebener Bernstein Fusseln und Staub anzieht. Da „Bernstein“ auf griechisch „ἤλεκτρον“ (Elektron) heißt, wird dieser Effekt „elektrische Ladung“ genannt (vgl. [1]).

Als „elektrische Ladung“ wird die Eigenschaft eines Körpers bezeichnet, elektrische Kräfte auf andere Körper auszuüben.

Lichtbogenfeuerzeug
Bild 1: Lichtbogenfeuerzeug
Die Phänomene der Elektrizität zeigen sich im heutigen Alltag meist in Form von Entladungsvorgängen, die beim Berühren von Türklinken, einer Autokarosserie oder Menschen auftreten können. In diesen Situationen gleichen sich die durch Reibung entstandenen unterschiedlichen Ladungen aus, was meist unangenehm spürbar ist. Einen Augenblick vor der Berührung kann zudem ein Lichtbogen (Funken) in Verbindung mit einem kurzen leisen Knackgeräusch entstehen. Er resultiert aus einer sehr starken Ladungstrennung, die dazu führt, dass der hohe Isolationswiderstand der Luft schlagartig herabgesetzt und diese leitfähig (ionisiert) wird. Unter der hohen Spannung entsteht während des Ladungsausgleiches ein kleiner Strom, der die Luftmoleküle als „Leiter“ verwendet. Die Luft wird wie bei einem Gewitterblitz zerschnitten und zum „Leuchten“ angeregt. Sie fällt anschließend deutlich hörbar wieder zusammen (Knackgeräusch). Mit dieser starken Ladungstrennung wird in elektronischen Lichtbogenfeuerzeugen ein Lichtbogen erzeugt, mit dem man nicht nur Gas entzünden, sondern auch Kerzen anzünden kann (Bild 1). Im Zündmodul von Kraftfahrzeugen wird auf die gleiche Weise mit einem kurzen Funken das komprimierte Benzin-Luft-Gemisch im Zylinder des Motors zur Explosion gebracht.

Bild 2: Erzeugung von unterschiedlichen Ladungen durch Reibung

Die Reibungselektrizität entsteht, wenn es durch Reibung zu einem sehr engen Kontakt zweier unterschiedlicher nichtleitender Materialien (Isolatoren) kommt. An den Kontaktstellen können Elektronen von einem Material in das andere wechseln. Da die Elektronen in den beiden Materialien unterschiedlich stark gebunden sind, entsteht in einem Material ein Elektronenüberschuss (negative Ladung) und im anderen ein Elektronenmangel (positive Ladung). Im Bild 2 ist dargestellt, wie mit Hilfe eines Wolltuches in einem Hartgummistab eine negative Ladung und mit Hilfe eines Seidentuches in einem Glasstab eine positive Ladung erzeugt werden kann.

 


Bild 3: Auftretende elektrostatische Kräfte

Werden die so geladenen Stäbe einander genähert, so zeigt sich, dass zwischen ihnen elektrostatische Kräfte wirken. In Bild 3 ist jeweils ein Glas- und Hartgummistab beweglich aufgehängt. Führt man nun den negativ geladenen Hartgummistab in die Nähe des positiv aufgeladenen Glasstabes, so bewegt sich der Glasstab zum Hartgummistab. Es entsteht eine Anziehungskraft, weil sich die unterschiedlichen Ladungen versuchen auszugleichen.

Im Gegensatz dazu wird der aufgehängte negativ geladene Hartgummistab von einem sich nähernden und ebenfalls negativ aufgeladenen zweiten Hartgummistab abgestoßen.

Daraus ergeben sich die zwei Regeln des elektrostatischen Grundgesetztes:

  1. Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab.
  2. Ungleichnamige Ladungen ziehen sich an.

Ladungsträger können sich in einem nichtleitenden Material nicht bewegen (fließen). Ein Transport der Ladungen zu einem anderen Ort ist daher nur durch Abstreifen möglich. Das Abstreifen kann auch auf einen leitenden Körper erfolgen, wenn dieser isoliert aufgehängt oder gelagert ist.

 

HinweisNutzen Sie Materialien, die Ihnen im Haushalt zur Verfügung stehen, um selbst einige Experimente mit der Reibungselektrizität durchzuführen. Anregungen dazu finden Sie auf der Internetseite des Wiener Verlages Ed. Hölzel. Unter „Experimente“ finden Sie dort ein PDF-Dokument zur „Elektrostatik“.

Weitere sehr gute Quellen sind die Diplomarbeit von Daniel-Markus Steger „Freihandversuche aus Elektrizitätslehre und Magnetismus“ und das Dokument „Elektrische Ladung im Anfangsunterricht“ auf der Website der Universität Regensburg.

Die hier beschriebenen Phänomene wurden bereits im Mittelalter untersucht. Jedoch gelang erst mit Einführung des Atommodels eine zufriedenstellende Erklärung.

 

3.2 Das Atommodell nach Bohr

Im Jahr 1913 formulierte Niels Bohr sein Atommodell in Analogie zum Aufbau unseres Planetensystems. Demnach bewegen sich alle Elektronen auf kreisförmigen Bahnen um den Atomkern herum. Der Atomkern besteht aus ungeladenen Neutronen und aus positiv geladenen Protonen. Der Kern ist somit immer positiv geladen, was in der nachfolgenden Darstellung mit Hilfe des Plus-Zeichens im Atomkern symbolisiert wird (Bild 4). Die Neutronen haben eine etwas größere Masse als die Protonen und halten den Kern zusammen. Ohne sie würden sich die Protonen gegenseitig abstoßen.

Das Atommodell nach Bohr berücksichtigt erstmals die unterschiedlichen Energiezustände, die Elektronen einnehmen können. Diese werden mit Hilfe von Elektronenbahnen (Elektronenhüllen) dargestellt.

Die Dimensionen eines Atoms lassen sich zeichnerisch nicht im realen Maßstab darstellen. Wenn der Atomkern z. B. einem Ball von 5 bis 6 cm entspricht, umkreist ein stecknadelgroßes Elektron diesen in einem Abstand von ca. 100 m. Zudem ist die aus den unterschiedlichen Elektronenbahnen bestehende Hülle des Atoms etwa 100 000 Mal größer als der Kern. Der größte Bereich der Elektronenhülle besteht aus leerem Raum.

Atommodell muit Energieniveaus und Cu-Atom
Bild 4: Das Atommodell nach Bohr mit Kreisbahnen (Energieniveaus) und Aufbau des Kupfer-Atoms

Bohr formulierte folgende Grundsätze:

Ein Elektron kann sich nur auf bestimmten, diskreten Kreisbahnen (Energieniveaus) bewegen. Es gibt – abhängig vom chemischen Stoff – maximal sieben Kreisbahnen (oder Schalen), die konzentrisch um den Atomkern angeordnet sind. Ausgehend von der inneren Bahn werden diese mit den Buchstaben K (K = kernnah*), L, M, N, O, P und Q bezeichnet.

Jede Elektronenbahn symbolisiert ein bestimmtes Energieniveau. Ein sich auf der K-Schale bewegendes Elektron hat dabei die kleinste Energie. Ein Elektron kann nur dann von einem inneren Energieniveau (Grundzustand) auf ein höheres Energieniveau (angeregter Zustand) gelangen, wenn ihm Energie zugeführt wird. Andererseits gibt das Elektron die Differenz-Energie zweier Energieniveaus in Form eines Lichtquants ab, wenn es von einem höheren Energieniveau zu einem niedrigeren wechselt.

*Kann als Gedächtnisstütze verwendet werden.

Wie am Beispiel des Kupfer-Atoms im rechten Teil von Bild 4 deutlich wird, ist die Zahl der Elektronen (29) in der Elektronenhülle identisch mit der Zahl der Protonen im Kern (+ 29). Von außen gesehen verhält sich das Atom daher elektrisch neutral.

Die Elektronen, die sich auf der äußersten Schale befinden, werden Valenzelektronen genannt. Sie können sich an Bindungen zwischen Atomen beteiligen.

Das Kupfer-Atom besitzt ein Valenzelektron, welches – wie wir noch sehen werden – unter bestimmten Voraussetzungen als Ladungsträger genutzt werden kann.

Bild 5 zeigt das Wasserstoffatom und die auf ein Elektron wirkenden Kräfte. Auf dieses wirken die Anziehungskraft des positiv geladenen Kerns und eine Zentrifugalkraft, die durch die sehr schnelle Rotationsbewegung des Elektrons (ca. 2200 km/s, bei sehr kleiner Elektronenmasse!) verursacht wird. Da beide Kräfte gleich groß sind, kann das Elektron seine Bahn um den Kern nicht verlassen.

H-Atom und Kraftwirkungen auf ein Elektron
Bild 5: Das Wasserstoff-Atom und die Kraftwirkungen auf das Elektron

Bewegt sich ein Elektron auf einem höheren Energieniveau, ist die Anziehungskraft des Kerns geringer.

Zwischen Atomkern und Elektronen treten elektrische Kräfte auf. Ursache dafür sind die unterschiedlichen elektrischen Ladungen von Atomkern und Elektronen.

 

3.3 Positiv und negativ geladenes Ion

Wird der neutrale Zustand eines Atoms derart geändert, dass ein Elektron weniger bzw. ein Elektron zusätzlich den Kern umkreist, so entsteht ein Ionein elektrisch geladenes Atom. Wird einem neutralen Atom ein Elektron entzogen, so überwiegt die positive Ladung des Atomkerns, der nun ein Proton mehr besitzt. Das Atom ist zu einem positiven Ion geworden. Wird hingegen einem neutralen Atom ein weiteres Elektron hinzugefügt, so überwiegt die negative Ladung der Elektronenhülle. Die Elektronenzahl ist nun größer als die Zahl der Protonen. Das Atom ist zu einem negativen Ion geworden.

Wenn Atomen oder deren Verbindungen Elektronen entzogen oder hinzugefügt werden, entstehen elektrisch geladene Atome, die „Ionen“ genannt werden.

Im Bild 6 ist dargestellt, wie aus der Verbindung eines Natrium- und eines Chlor-Atoms das Molekül Natriumchlorid (NaCl = Kochsalz) entsteht. Die Valenzelektronen der beiden Atome sind farblich hervorgehoben. Beide Atome streben den Idealzustand mit jeweils acht Valenzelektronen auf der äußersten Schale an. Das Natrium-Atom gibt sein Valenzelektron bei der Verbindung an das Chlor-Atom ab. Dadurch entsteht in beiden Atomen eine äußere Schale mit acht Valenzelektronen. Aus dem Natrium-Atom ist ein positives (Na+) und aus dem Chlor-Atom ein negatives Ion (Cl) geworden. Aufgrund der Ladungsdifferenz der beiden Ionen kommt es zu einer gegenseitigen Anziehungskraft. Sie bleiben eng miteinander verbunden. Dies bezeichnet man als Ionenbindung. Es ist ein neues zweiatomiges Teilchen – ein Molekül – entstanden.

Ionenbindung
Bild 6: Ionenbindung zwischen dem Natrium- und Chlor-Atom zum Kochsalzmolekül (NaCl)

Sind die positiven und negativen Ladungen in einem elektrisch neutralem Atom oder Molekül fest gebunden, so sind keine Ladungsträger vorhanden, die für den Transport elektrischer Ladungen genutzt werden können. Stehen jedoch Ladungsträger in Form von frei beweglichen Elektronen oder Ionen in einem Stoff zur Verfügung, ist dieser elektrisch leitfähig.

Wird beispielsweise Kochsalz in Wasser gelöst, wird die Ionenbindung aufgehoben. Die positiven
Na+- und die negativen Cl-Ionen (Ladungen) sind im Wasser frei beweglich. Die Kochsalz-Wasser-Lösung ist nun leitfähig.

In Flüssigkeiten (Elektrolyte) erfolgt der elektrische Energietransport über Ionen.

Es gibt aber auch Stoffe, deren Valenzelektronen keine starke Bindung an dem Atomkern besitzen. Diese lassen sich daher mit wenig Aufwand aus dem Atomverband lösen und als freie Ladungsträger verwenden. Zu diesen Stoffen gehören alle Metalle, die grundsätzlich den elektrischen Strom leiten können und daher als „elektrische Leiter“ bezeichnet werden.

 

3.4 Eigenschaften eines Leiters

In Abschnitt 3.2 (Bild 4) ist anhand des Kupfer-Atoms zu erkennen, dass es auf seiner äußersten N-Schale ein Valenzelektron besitzt. In Metallen sind die Atomkerne in Form eines Raumgitters strukturiert und fest an ihren Gitterplatz gebunden. Da sie sehr dicht aneinander gedrängt angeordnet sind (wie Apfelsinen in einer Kiste), kann ein Valenzelektron so nah an ein benachbartes Atom gelangen, dass die Entfernung zum Nachbar-Atomkern genauso groß ist, wie die zum eigenen. In diesem Fall, kann sich das Elektron zwischen den einzelnen Atomkernen immer wieder kurzzeitig frei und ungerichtet bewegen. Diese freie Elektronenbewegung ist mit Hilfe der roten Pfeile am Beispiel eines Kupferleiters in Bild 7 dargestellt.

Metallgitterverband
Bild 7: Frei bewegliche Elektronen in der dichten Gitterbindung eines Kupferleiters

Die freien Elektronen werden regelmäßig von anderen Atomkernen eingefangen. Die grauen Kreise im Bild kennzeichnen die N-Schalen, auf der sich dann die Elektronen um die Atomkerne bewegen. Zugleich entstehen an anderen Stellen im Leiter neue frei bewegliche Elektronen. Bei gleichbleibender Temperatur des Leiters ist der Mittelwert der frei beweglichen Elektronen im Material immer gleich.

In metallischen Leitern erfolgt der elektrische Energietransport über die freien beweglichen Elektronen der äußersten Elektronenschale (Valenzelektronen).

Für die im Material sich ausbildenden freien Elektronen wird manchmal auch das Wort „Elektronengas“ verwendet, um den Sachverhalt mit einem Wort zu umschreiben.

In einem Leiter entstehen positive Ionen, wenn die Elektronen ihren Kern verlassen. Das Metall zeigt nach Außen dennoch keine elektrische Ladung, weil die positiven Atomrümpfe und die frei beweglichen Elektronen sich in ihrer Gesamtheit neutralisieren.

Obwohl rein theoretisch alle Metalle als Leiter in Frage kommen, begrenzt sich der praktische Einsatz in der Elektrotechnik überwiegend auf die beiden Metalle Kupfer und Aluminium. Beide werden aufgrund ihrer guten Leitfähigkeiten bei Umgebungstemperaturen von 20°C und den erschwinglichen Materialkosten als Leitermaterial eingesetzt. Bei Überland-Freileitungen wird – bedingt durch das kleinere Gewicht – Aluminium als Leitermaterial verwendet. Auch für die Energieversorgung von Wohnhäusern werden heute zunehmend Aluminium-Erdkabel verwendet, da diese aufgrund des steigenden Kupferweltmarktpreises kostengünstiger sind.

 

3.5 Nichtleiter und Halbleiter

3.5.1 Nichtleiter

Nichtleiter, auch „Isolatoren“ oder „Dielektrikum“ genannt, bestehen – wie die Leiter – aus Elektronen und Atomkernen. Sie wirken von Außen ebenfalls elektrisch neutral, weil die Zahl der Elektronen und Protonen identisch ist. Im Gegensatz zu den Metallen sind die Elektronen an einen bestimmten Atomkern gebunden. Da sich die Elektronen nicht außerhalb des eigenen Atomverbandes bewegen können, lassen sich zwei unterschiedlich geladene Körper miteinander verbinden, ohne dass über diese Verbindung ein Ladungsträgerausgleich stattfindet.

Nichtleiter können, wie in Abschnitt 3.1 beschrieben, durch Reibungsvorgänge elektrisch geladen werden. Dabei werden nur den Atomen Elektronen entzogen oder hinzugefügt, die im Bereich der Körperoberfläche vorhanden sind. Diese Erscheinungen in einem Nichtleiter sind daher nicht vergleichbar mit den Vorgängen in Metallen, wo die freien Ladungsträger innerhalb des gesamten metallischen Körpers zur Verfügung stehen.

Die Grenze zwischen einem Leiter und einem Nichtleiter ist fließend. Es gibt Materialien, die zu den schlechten Leitern gehören, weil die Elektronen entweder nicht in hoher Zahl beweglich sind oder nur geringe Bewegungsfreiheiten besitzen. So ist z. B. die Leitfähigkeit von Blei wesentlich geringer als die von Kupfer. Sie beträgt lediglich 8,6 % des Kupferwertes.

Zu den Nichtleitern gehören z. B. die isolierenden Kunststoffe und keramische Werkstoffe.

 

3.5.2 Halbleiter

Die Leitfähigkeit von Halbleitermaterialien ist stark temperaturabhängig. Mit steigender Temperatur stehen aufgrund einer stärkeren Atombewegung mehr Ladungsträger für den Transport der elektrischen Energie zur Verfügung. Zusätzlich kann die Leitfähigkeit über das Einbringen von Fremdatomen in sehr geringen Mengen – der sogenannten „Dotierung“ – in weiten Grenzen verändert werden. Durch die Kombination unterschiedlich dotierter Halbleiter lassen sich elektronische Bauelemente wie z. B. eine Diode erzeugen, die einen Ladungsträgerfluss nur in einer Richtung zulässt.

Die Halbleiter Silizium und Germanium sind die Hauptmaterialien für den Bau mikroelektronischer Schaltungen.

 

3.6 Die Elementarladung

In diesem Kapitel wurden Sie auf unterschiedliche Weise mit elektrischen Ladungen konfrontiert. Sie wissen nun, dass ein Elektron eine negative und ein Proton eine positive Ladung besitzt. Außerdem haben Sie gelernt, dass in Metallen aufgrund des sehr engen Atomaufbaus im Metallgitterverband viele freie ungerichtete Elektronen als Ladungsträger existieren.

Da sich die vorhandenen Ladungsträger später einmal in ihrer Gesamtheit durch den Leiter gerichtet bewegen sollen, es also zu einem Elektronenstrom kommen soll, wäre es interessant zu erfahren, wie groß eigentlich die Ladung eines einzelnen Elektrons ist.

Robert Millikan
Robert Andrews Millikan [2]

Sie können sich vorstellen, dass die Ladung eines Elektrons oder Protons sehr schwer zu ermitteln ist, zumal Elektronen unvorstellbar klein sind. Dem amerikanischen Physiker Robert Andrews Millikan (1868–1953) gelang es im Jahr 1910. Er erzeugte mit Hilfe eines Zerstäubers sehr kleine elektrisch geladene Öltröpfchen und maß mit Hilfe eines Mikroskops die Steig- bzw. Sinkgeschwindigkeit der Tröpfchen in einem ein- und ausgeschalteten elektrischen Feld.

Den Versuchsaufbau sehen Sie auf der Physik-Internetseite von
Robert Rothhardt.

Seine Messungen ergaben einen unvorstellbar kleinen Wert von
e = 1,592·10–19As.

Millikan erhielt dafür 1923 den Nobelpreis für Physik.

Später wurde mit genaueren Messmethoden der exakte Wert der Elementarladung mit e = 1,602·10–19 As ermittelt.

 

Für die Elementarladung wird der Buchstabe „e“ als Formelzeichen verwendet.

Da die Elementarladung des Elektrons negativ und die des Protons positiv ist, unterscheidet man die beiden Größen mit Hilfe der Indizes „“ und „+“ am Formelzeichen.

Die Elementarladung des Elektrons beträgt e = –1,602·10–19 As (As = Ampere·Sekunde)
Die Elementarladung des Protons beträgt e+ = +1,602·10–19 As

Anstelle der Einheit Ampere Sekunde (As) wird auch die Einheit Coulomb (C) verwendet.*

*Charles Augustin de Coulomb (1736–1806) entdeckt 1785 die Gesetze des Magnetismus und der statischen
  Elektrizität.

 

Im Gegensatz dazu steht die mit dem Formelzeichen „Q“ bezeichnete „elektrische Ladung“ oder „Ladungsmenge“ für die Menge der Elementarladungen.

Die Menge der Elementarladungen ist die „elektrische Ladung“ oder „Ladungsmenge“.
Als Formelzeichen wird das „Q“ verwendet.

 

3.7 Elektronenstrom und Stromrichtungen

3.7.1 Elektronenstrom

Die sich frei und ungerichtet bewegenden Elektronen eines Metalls können sich unter dem Einfluss äußerer Kräfte (Energie) in eine gemeinsame Richtung bewegen (Bild 8). Es entsteht dann ein gerichteter Elektronenstrom, der für den Menschen nicht direkt sichtbar, aber über die durch ihn erzeugte thermische und magnetische Wirkung erkennbar ist. Die technische Nutzung des elektrischen Stromes ist oft mit der bewussten Erzeugung und Nutzung dieser Wirkungen verbunden.

Elektronenstrom
Bild 8: Durch äußere Kraftwirkung verursachter gerichteter Elektronenstrom

Es sei noch angemerkt, dass im Leitermaterial nicht alle freien Elektronen dem gerichteten Elektronenstrom folgen können, z. B. wenn sie gerade von einem Atomkern eingefangen wurden. Vielmehr überlagern sich ungerichtete Elektronenbewegungen und der gerichtete Elektronenstrom. Auf ihrem Weg durch das Metall kommt es zu elastischen Stößen mit anderen Elektronen oder mit den Atomrümpfen und Phononen*. Bei diesem Vorgang geben die Elektronen Energie an ihre Stoßpartner ab, werden gestreut und erneut durch die von außen angelegte Spannung (das elektrische Feld) beschleunigt. Diese Wechselwirkungen bremsen die Elektronen permanent ab und es stellt sich eine mittlere Driftgeschwindigkeit der Elektronen ein (vgl. [3]).

*Ein Phonon ist ein Quasiteilchen der theoretischen Festkörperphysik. Es existiert im ganzen Kristallgitter an
  unbestimmten Orten.

 

In Kapitel 4 werden Sie erfahren, wie schnell sich Elektronen in einem Leiter bewegen. Vorab dürfen Sie diesbezüglich eigene Überlegungen anstellen. Was vermuten Sie?

 

3.7.2 Stromrichtungen

In der Elektrotechnik unterscheidet man die Elektronenflussrichtung und die technische Stromrichtung. Dies hat historische Gründe.

Die Bewegung von Ladungsträgern wurde als erstes in elektrisch leitenden Flüssigkeiten (Elektrolyten) anhand von positiven Ionen entdeckt. Diese beobachtete Richtung wurde daher als Stromrichtung definiert. Von der Existenz der eigentlichen negativen Ladungsträger in Metallen – den Elektronen – wusste niemand etwas. Erst der irische Physiker George Johnstone Stoney (1826–1911) äußerte 1874 die Vermutung, dass es elektrische Elementarladungen gibt, die mit Atomen verbunden sein mussten. Er nannte diese Ladungsträger „Elektronen“. Mehr als 20 Jahre später, konnte Joseph John Thomson (1856–1940) im Jahr 1897 die Existenz des Elektrons nachweisen. Dabei stellte sich heraus, dass das Elektron eine negative Elementarladung besitzt. (vgl. [4] und [5])

Die technische Stromrichtung, die von einem Strom positiver Ladungen ausgeht, wurde in der Elektrotechnik jedoch beibehalten und führt dazu, dass ein Strom in elektrotechnischen Gleichspannungsschaltungen von „+“ nach „–“ fließt (Bild 9).

In Wirklichkeit werden die Elektronen von einem Pluspol angezogen und bewegen sich daher zum Pluspol hin. Die reale Elektronenflussrichtung ist also von „–“ nach „+“.

Stromflussrichtungen
Bild 9: Die reale Fließrichtung der Elektronen und die technische Stromrichtung

In der Elektrotechnik wird ein Stromfluss mit der technischen Stromrichtung dargestellt.
Er fließt von „+“ nach „–“.

 


 


 

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