Grundlagen der Elektrotechnik

Inhaltsverzeichnis

 

1 Einleitung

1.1 Notwendige Vorkenntnisse für die Bearbeitung dieses Moduls

In diesem Modul müssen Sie das erworbene theoretische Fachwissen meist unmittelbar nach Aneignung zur Berechnung verschiedener elektrotechnischer Größen einsetzen. Da die elektrotechnischen Zusammenhänge überwiegend über lineare oder quadratische Gleichungen (Formeln) beschrieben werden, benötigen Sie fundierte mathematische Grundkenntnisse.

Mit Hilfe der elektrotechnischen Gleichungen werden die realen elektrotechnischen Vorgänge sehr gut nachgebildet, d. h. sie werden berechenbar. Es kann also mit Hilfe der Mathematik „vorhergesagt“ werden, wie sich eine Schaltung praktisch verhalten wird.

Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die Entwicklung komplexer Schaltungen von Entwicklerprofis oft „über den Daumen“ dimensioniert werden, weil sich die verschiedenen Parameter der elektronischer Bauelemente aufgrund von z. B. Fertigungstoleranzen oder Temperatureinflüssen nicht eindeutig erfassen lassen. Dennoch liefert eine Berechnung immer wichtige Näherungswerte und bildet somit das Grundgerüst für die spätere einwandfreie Funktion einer elektrotechnischen Schaltung.

Selbsttest

Im Folgenden soll geprüft werden, ob Sie die notwendigen Kenntnisse für die Bearbeitung dieses Moduls besitzen. Erweitern Sie bei evtl. Problemen mit den nachfolgenden Aufgaben zunächst einmal Ihre Mathematikkenntnisse, damit Sie nicht gleich zu Beginn das „spannende“ Fachgebiet der elektrotechnischen Grundlagen als große Hürde ansehen.

Können Sie die folgenden Gleichungen problemlos nach x aufzulösen, d. h. jeweils die unbekannten Größen x berechnen?

1. Aufgabe 1 mit x ≠ 0
2. Aufgabe 2 mit den Konstanten a = 100, b = 25, c = 2
3. Aufgabe 3 mit x ≠ 0
4. Aufgabe 4  
5. Aufgabe 5 mit den Konstanten b = 4 und c = 10

Voraussetzungen für die Bearbeitung dieses Moduls

Bereiten Ihnen die Aufgaben keine Probleme, so kann davon ausgegangen werden, dass Sie mit Brüchen, Potenzen und Wurzeln rechnen können und Sie die Berechnung von Flächen (ggf. mit einer Formelsammlung) beherrschen. Auch diese Kenntnisse benötigen Sie in diesem Modul.

Daneben sollten Sie den Dreisatz (Verhältnisrechnung) und die Prozentrechnung beherrschen, keine Schwierigkeiten mit Klammerausdrücken haben, ein Achsen-Diagramm kennen und die Fähigkeit besitzen, es zu interpretieren.

Achsendiagramme

Mit Hilfe von Achsen-Diagrammen können Daten, Informationen oder Sachverhalte grafisch anschaulich dargestellt werden. Sie begegnen uns nicht nur in der Elektrotechnik.

Ebbinghaus Vergessenskurve
Bild1: Ebbinghaus Vergessenskurve

Das im Bild 1 dargestellte Achsendiagramm zeigt die Ebbinghaus Vergessenskurve, aus der ersichtlich ist, dass neu angeeignetes Wissen ohne Auffrischung schon nach kurzer Zeit wieder verloren geht. Erkennbar ist dies am starken Abfall zu Beginn dieser Kurve.

Es handelt sich hierbei um ein sogenanntes Liniendiagramm, welches man sich aus einzelnen sehr kurzen Linienabschnitten zusammengesetzt denken kann, die jeweils verschiedene Messwerte miteinander verbinden. Dieses  Diagramm stellt die Abhängigkeit der Größe „Wissen“ von der Größe „Zeit“ dar.

In diesem Modul werden Sie häufig mit Liniendiagrammen konfrontiert, die die Abhängigkeit zwischen zwei Größen oder Messwerten darstellen.

Gleichspannungsverlauf an Induktivität
Bild 2: Spannungsverlauf an einem Bauelement

Im Bild 2 ist der Spannungsverlauf an einem elektronischen Bauelement in einem Gleichstromkreis nach dem Einschalten vereinfacht dargestellt. Die abhängigen Größen werden hier mit Hilfe von Formelzeichen abgekürzt. Es ergeben sich unterschiedliche Spannungswerte U (vertikale Achse) in Abhängigkeit der Zeit t (horizontale Achse).

Zum Zeitpunkt t1 (Einschalten der Spannung) springt die Spannung auf ihren Höchstwert Umax und sinkt danach kontinuierlich ab. Das Absinken der Spannung ist kurz nach dem Einschalten sehr groß und wird im Laufe der Zeit immer geringer.

An dieser Stelle sollten Sie ehrlich abwägen, ob Sie die erforderlichen Kenntnisse der Mathematik mitbringen und Achsendiagramme interpretieren können. Beides ist erforderlich, damit Sie dieses Modul mit Erfolg absolvieren und am Ende evtl. die Motivation verspüren, sich noch weiteres Wissen über interessante Themenbereiche der Elektrotechnik anzueignen.

Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie nicht weiter wissen!

Wenn Sie anhand des Selbsttestes festgestellt haben, dass Ihre Mathematikkenntnisse noch nicht ausreichend sind, suchen Sie sich ein gutes Fachbuch, das neben Übungsaufgaben auch Lösungen oder Lösungswege enthält.

Mit einer der Mathematik kundigen Person aus Ihrem Freundeskreis können Sie zudem auftretende Fragen zu den Übungsaufgaben erörtern.

 

1.2 Die allgemeine Vorgehensweise zur Lösung elektrotechnischer Aufgaben

Allgemein lassen sich Aufgaben- und Problemstellungen – in welchen Lebensbereichen sie auch immer auftreten – mit geeigneten Strategien relativ schnell lösen. Voraussetzung ist allerdings, dass alle dafür notwendigen Informationen bereit stehen und mit den vorhandenen Kenntnissen be- und verwertet werden können.

Die mathematischen Aufgabenstellungen innerhalb dieses Moduls können in reiner Textform oder in Kombination mit einer ergänzenden Schaltung bzw. erklärenden Grafik gegeben sein.

Strategisches Vorgehen beim Lösen von Aufgabenstellungen
Bild 3: Die Strategie zum Lösen elektrotechnischer Aufgaben

Der erste Schritt der Lösungsstrategie (Bild 3) ist die genaue Analyse der Aufgabenstellung. In dieser tragen Sie zunächst einmal zusammen, welche Informationen gegeben sind. Hilfreich ist das Kennzeichnen der vermeintlich relevanten Informationen im Text und die Auflistung der Informationen in Kurzform unter dem Wort „Gegeben:“. Meist handelt es sich hier um elektrotechnische Größen mit den dazugehörigen Zahlenwerten und Maßeinheiten. Aus der Textanalyse ergibt sich zudem die Fragestellung und somit die Zielsetzung, d. h. eine oder mehrere gesuchten Größen. Auch hier empfiehlt sich eine Zusammenfassung, z. B. unter dem Wort „Gesucht:“. Haben Sie die relevanten Informationen derart zusammengefasst, benötigen Sie den Aufgabentext in der Regel nicht mehr.

An dieser Stelle kennen Sie das Ziel bzw. die zu berechnenden Größen und verfügen über die notwendigen Informationen, um Ihr Ziel zu erreichen. Offen ist jedoch, welche „Werkzeuge“ Sie Ihrem Werkzeugkasten entnehmen müssen, um sich Ihrem Ziel schrittweise zu nähern oder es direkt zu erreichen.

Bei den „Werkzeugen“ handelt es sich um Gleichungen elektrotechnischer Gesetzmäßigkeiten, die Sie zur Lösung der Aufgabenstellung benötigen. Die notwendigen Gleichungen enthalten die gegebenen und / oder gesuchten Größen als Formelzeichen, so dass Sie sie relativ einfach ermitteln können. Oft benötigen Sie nur wenige Gleichungen und es empfiehlt sich, diese ebenfalls aufzulisten. Ihre Arbeit wird erleichtert, wenn Sie wichtige Gesetzmäßigkeiten verinnerlicht haben oder in Form einer Formelsammlung zusammentragen. Sie sparen sich das Blättern in Hand- oder Fachbüchern bzw. das „Nachschlagen“ im Internet und arbeiten effektiver.

Bei einer komplexen Aufgabenstellung können Sie sich Ihrem Ziel nur schrittweise und u. U. auf verschiedenen Wegen nähern. Dazu sind mehrere Einzelberechnungen erforderlich. Welchen Weg Sie dabei einschlagen und wie schnell Sie sich dabei Ihrem Ziel nähern, hängt im Wesentlichen davon ab, wie detailliert Sie Ihren Lösungsweg zuvor durchdacht haben und wie fundiert Ihre elektrotechnischen und mathematischen Grundkenntnisse sind.

Weitere Hinweise

  • Maßeinheiten mitschreiben
    Schreiben Sie Zahlenwerte von elektrotechnischen Größen, die Sie in eine Gleichung einsetzen, immer mit den dazugehörigen (Maß-)Einheiten. Beispielsweise ist die Einheit der gegebenen Länge l = 10 m das „m“ (Meter) und die Einheit der elektrischen Spannung U = 230 V das „V“ (Volt). Sollten Sie versehentlich eine falsche Formel zur Berechnung herangezogen haben, wird Ihnen beim Kürzen der Einheiten dieser Fehler auffallen, weil das Ergebnis dann nicht die richtige Einheit besitzt. Das Gleiche gilt für die Vorsatzzeichen, auf die im nächsten Kapitel im Detail eingegangen wird.
  • Taschenrechner richtig nutzen
    Viele Aufgaben werden Sie mit Hilfe eines Taschenrechners berechnen. Sie sollten also in der Lage sein, diesen auch korrekt zu bedienen. Meine Erfahrungen im Unterricht zeigen, dass hier immer wieder Schwierigkeiten auftreten, weil die Lernenden nicht genau wissen, wie bestimmte Taschenrechner-Funktionen genutzt oder die Zahlenwerte einer Gleichung in den Taschenrechner eingegeben werden.
    Ich empfehle einen Taschenrechner mit der umgekehrten polnischen Notation (UPN). Die Logik der Eingabe benötigt eine kleine Einarbeitungszeit, bietet aber den Vorteil, ohne Klammern zügig rechnen zu können.
  • Selbstkontrolle der Ergebnisse
    Hinterfragen Sie immer Ihre Ergebnisse, denn Tippfehler sind keine Seltenheit. Wenn Sie vor der Berechnung einer Gleichung mit dem Taschenrechner das voraussichtliche Ergebnis anhand der gegebenen Zahlenwerte im Kopf überschlagen, werden Sie das Rechenergebnis als richtig oder falsch interpretieren können und Falscheingaben sofort feststellen.

Aufgrund der bisherigen Ausführungen sollte erkennbar sein, dass Sie die Übungsaufgaben innerhalb dieses Moduls nicht durch reines „Auswendiglernen“ elektrotechnischer Gleichungen lösen können. Sie arbeiten allerdings effektiver, wenn Sie einige wichtige Grundgleichungen in Ihrem Kopf abrufen können.

Mit der oben beschriebenen Strategie, die Sie immer als „Kochrezept“ anwenden können, werden Sie nicht nur elektrotechnische Aufgaben erfolgreich lösen.

Sie lernen diese Vorgehensweise am Besten über die permanente Anwendung dieser Strategie. Nutzen Sie dazu die hier bereitgestellten Übungsaufgaben, mit denen Sie zusätzlich die erlernten elektrotechnischen Grundlagen vertiefen. Sollten Sie dabei zeitweise einen falschen Weg beschreiten, so trösten Sie sich damit, dass dies in der Wissenschaft regelmäßig passiert und letztendlich aus dem falschen Weg die entscheidende Erkenntnis für den richtigen Lösungsansatz resultiert.

 

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