Grundlagen der Elektrotechnik

Inhaltsverzeichnis

 

4 Elektrische Grundgrößen

4.6 Die Messung elektrischer Grundgrößen

Für die Messung von Strom, Spannung und Widerstand werden sogenannte Multimeter verwendet. Das Wort „Multi“ deutet darauf hin, dass mit einem Multimeter unterschiedliche Messgrößen erfasst werden können. Diese sind über einen Drehschalter am Multimeter wählbar, mit dem zusätzlich der maximale Messbereich für eine Messgröße eingestellt werden kann. Für die Messung der verschiedenen Größen gibt es unterschiedliche Eingangsbuchsen. Um die Zahl der benötigten Buchsen zu reduzieren, wird eine gemeinsame Masse-Buchse (COM → Common = gemeinsame Leitung) für alle Messgrößen verwendet.

Es gibt analoge (Zeigerinstrumente) und digitale Multimeter. Sehr einfache digitale Multimeter sind heute aufgrund der Verwendung von hochintegrierten Halbleiterbauelementen wesentlich preiswerter als analoge Geräte. Allerdings ist die Messgenauigkeit nicht sehr hoch und das Messen hoher Ströme von z. B. 10 A ist nur für einen kurzen Zeitraum von ca. 10 s erlaubt. Professionelle digitale Multimeter besitzen eine hohe Genauigkeit sowie eine große Strom- und Spannungsfestigkeit.

Moderne digitale Multimeter können zusätzlich Temperaturen, Kapazitäten oder Induktivitäten messen. Über eine Hold-Taste kann der aktuelle Messwert festgehalten werden. Der zeitliche Verlauf einer Spannung lässt sich mit einem internen Speicher aufzeichnen und über die USB-Schnittstelle am Computer-Monitor oder Drucker ausgeben (Bild 30).

Es gibt vollautomatische Multimeter mit lediglich zwei Eingangsbuchsen, die nach Auswahl der Messgröße über eine Taste selbstständig den geeigneten Messbereich (Auto Range) wählen.

Analoges und digitale Multimeter
Bild 30: Analoges (links) und digitale Multimeter. Rechts mit Messspeicher und Grafikdisplay [5].

Für alle Multimeter gilt: Es kann nur jeweils eine elektrotechnische Größe gemessen werden. Daher gibt es in den Stromlaufplänen unterschiedliche Symbole für die Messung der elektrotechnischen Grundgrößen (Bild 31). Sollen gleichzeitig unterschiedliche Größen eines Stromkreises (z. B. Strom und Spannung) gemessen werden, werden mehrere Messgeräte benötigt.

Symbole für Messgeräte
Bild 31: Messgerätesymbole

 

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Betriebsarten eines Multimeters als Strom-, Spannungs- und Widerstandsmessgerät erläutert.

 

4.6.1 Strommessung

Um die Größe eines Stromes ermitteln zu können, müssen sich die Ladungsträger durch das Messgerät hindurch bewegen. Es ist daher erforderlich, den Stromkreis aufzutrennen und anschließend über die beiden Pole des Amperemeters wieder zu schließen (Bild 32).

Prinzip der Strommessung mit einem digitalen Amperemeter
Bild 32: Prinzip der Strommessung mit einem digitalen Amperemeter

Damit die Strommessung nicht verfälscht wird, darf das Messgerät den fließenden Strom nicht hemmen. Der Widerstand sollte idealerweise 0 Ω betragen. In der Praxis muss das Amperemeter aber einen kleinen Innenwiderstand besitzen, damit der Strom an ihm einen Spannungsfall verursachen kann. Die Auswerteelektronik benötigt diese zum Strom proportionale Spannung, um sie mit einer Referenzspannung vergleichen und das Messergebnis bestimmen zu können. Der Innenwiderstand beträgt bei einem guten Multimeter ca. 2 Ω.

Der Innenwiderstand eines Amperemeters muss so klein wie möglich sein.

Für die Strommessung muss der Stromkreis aufgetrennt und der Strom durch das Amperemeter geleitet werden.

Das Amperemeter wird so angeschlossen, dass an der roten Ampere-Buchse („+“-Pol) der Strom in das Messgerät eintritt und an der schwarzen COM-Buchse („–“-Pol) der Strom das Gerät wieder verlässt.

Ist der Stromweg nur sehr schwer aufzutrennen, kann der Strom mit Hilfe einer Stromzange (Bild 33) auch indirekt über die Stärke des Magnetfeldes gemessen werden, welches immer dann entsteht, wenn ein Strom durch einen Leiter fließt. Mit der Stromzange wird dazu der Leiter umklammert, dessen Strom gemessen werden soll.

Multimeter mit Stromzange für die Strommessung
Bild 33: Multimeter mit Stromzange für die Strommessung [6]

 

4.6.2 Spannungsmessung

Die Spannungsmessung ist nur dort möglich, wo es zwei unterschiedliche Potenziale und somit eine Potenzialdifferenz gibt. Zwischen diesen unterschiedlichen Potenzialen darf das Voltmeter keinen Stromfluss verursachen, der einen Ladungsträgerausgleich und somit eine Verringerung der Spannung bewirken könnte. Idealerweise muss der Innenwiderstand des Voltmeters daher unendlich hoch sein (Bild 34).

Prinzip der Spannungsmessung mit einem digitalen Voltmeter
Bild 34: Prinzip der Spannungsmessung mit einem digitalen Voltmeter

Da aber auch hier eine elektrische Spannung für die Auswertung benötigt wird, hat der Innenwiderstand des Spannungsmessers einen endlichen Wert. Er liegt bei einem besseren Multimeter bei mindestens 10 MΩ. Es fließt ein sehr geringer Strom, der an dem sehr hohen Innenwiderstand eine Spannung erzeugt, die wiederum mit einem Referenzwert verglichen und ausgewertet wird.

Für die Spannungsmessung ist ein Auftrennen des Stromkreises nicht erforderlich. Die beiden Eingangsbuchsen des Messgerätes müssen lediglich an die unterschiedlichen Potenziale angeschlossen werden. Das positive Potenzial an die Volt-Buchse („+“-Pol) und das negative Potenzial an die COM-Buchse („–“-Pol). Ein Voltmeter ist also immer parallel zur messenden Spannung (Potenzialdifferenz) anzuschließen.

Der Innenwiderstand eines Voltmeters muss so groß wie möglich sein.

Für die Spannungsmessung muss das Voltmeter immer parallel zur „Spannungsquelle“ angeschlossen werden.

 

4.6.3 Widerstandsmessung

Die Messung eines Widerstandswertes kann über eine gleichzeitige Strom- und Spannungs-messung und anschließender Berechnung des Wertes mit Hilfe des Ohmschen Gesetzes erfolgen (indirekte Widerstandsmessung). Im Abschnitt 4.5 Elektrischer Widerstand wurden auf diese Weise die Betriebswiderstände eines Bügeleisens und Radios ermittelt.

Das Problem bei diesem Verfahren ist, dass nur eine der beiden Größen „richtig“ gemessen werden kann (siehe 4.6.4 Strom- und spannungsrichtige Messung) und somit ein systematischer Fehler entsteht.

Wenn aber z. B. der reale Widerstandwert eines 15 kΩ-Widerstandes der E12-Reihe mit einer Toleranz von 10 % mit einem Multimeter direkt bestimmt werden soll, muss der Widerstand während der Messung Teil eines geschlossenen Stromkreises mit einer Spannungsquelle werden. Dieser Stromkreis muss vom Messgerät erzeugt werden, damit ein auswertbarer – vom Widerstand abhängiger – Strom I fließen kann. Bei der direkten Widerstandsmessung unterscheidet man das Strommessprinzip und das Spannungsmessprinzip. Für diese Verfahren eignen sich besonders gut analoge Messgeräte mit einem Drehspulmesswerk und einer eigenen Spannungsquelle in Form einer Batterie.

Beim meist verwendeten Strommessprinzip sind das Messwerk und das Messobjekt in Serie geschaltet (Bild 35). Dadurch sinkt der Strom mit größerem Widerstand.

Analoge Widerstandsmessung nach dem Strommessprinzip
Bild 35: Analoge Widerstandsmessung nach dem Strommessprinzip

Ein Vollausschlag des Messwerkes stellt sich somit bei einem Widerstandswert von 0 Ω (Zusammenführen der Prüfspitzen → Kurzschluss) ein. Die Widerstandsskala verläuft daher von rechts nach links und hat – verursacht durch die Strom-Widerstand-Abhängigkeit – eine starke Nichtlinearität (Bild 36 a).

Da bei der direkten analogen Messung die Batteriespannung in das Messergebnis mit einfließt, sollte vor Beginn einer analogen Widerstandsmessung immer der aktuelle Ladestand der Batterie überprüft werden. Dafür gibt es im Multimeter meist eine zusätzliche Schalterstellung oder eine separate Prüftaste. Zeigerinstrumente müssen zudem vor der Widerstandsmessung z. B. mit einem Justagerädchen (Bild 36 b) abgeglichen werden, so dass der Zeiger (beim Strommessprinzip) auf exakt 0 Ω steht, wenn sich die beiden Prüfspitzen direkt berühren.

Ohm-Skala und Justage
Bild 36: Ohm-Skala (a) und Justage (b) beim analogen Messgerät [7]

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Analoge Widerstandsmessung nach dem Spannungsmessprinzip
Bild 37: Analoge Widerstandsmessung nach dem Spannungsmessprinzip

Beim Spannungsmessprinzip wird das Messwerk parallel zum Messobjekt geschaltet (Bild 37). Das führt dazu, dass mit einem größeren Widerstand die Spannung am Messwerk ansteigt. Ein Vollausschlag des Messwerkes stellt sich somit bei einem unendlich großen Widerstandswert ein (offene Anschlussklemmen). Die Widerstandsskala verläuft von links nach rechts und ist gleichfalls nichtlinear. Auch bei diesem Prinzip muss vor der Messung der Status der Batterie geprüft und das Gerät auf den Maximalwert „unendlich“ justiert werden.

 

 

 

 

Bei digitalen Multimetern sollte unabhängig von der zu erfassenden Messgröße, vor jeder Messung eine Batterieprüfung vorgenommen werden, weil die interne Batterie auch die Speisung der Auswerteelektronik übernehmen muss. Eine zu schwache Batterie führt daher auch zu falschen Messergebnissen bei der Strom- und Spannungsmessung.

Das digitale Messgerät besitzt – wie alle Multimeter – bei der Widerstandsmessung einen wirksamen Innenwiderstand. Um den Spannungsfall am unbekannten Widerstand zu bestimmen, müsste der am Innenwiderstand des Messgerätes entstehende Spannungsfall zunächst von der Speisespannung abgezogen werden. Mit Hilfe dieser Spannungsdifferenz und dem gleichzeitig erfassten Stromwert könnte die Auswerteelektronik dann den unbekannten Widerstandswert berechnen.

Digitale Widerstandsmessung mit Konstantstromquelle
Bild 38: Digitale Widerstandsmessung mit Konstantstromquelle

In der Praxis ist dieses Verfahren bei digitalen Messgeräten technisch zu aufwändig. Stattdessen verwendet man eine veränderbare Konstantstromquelle, die von der Batterie des Messgerätes gespeist wird (Bild 38). Bei der Konstantstromquelle handelt es sich um eine Regelschaltung, die unabhängig von der Belastung einen konstanten Stromwert liefert. Durch die Konstantstromspeisung entsteht am unbekannten Widerstand eine Spannung, die dem Widerstandswert direkt proportional und somit leicht auswertbar ist.

Die Höhe des erforderlichen Konstantstromes ist vom eingestellten Widerstands-messbereich abhängig.

Für die Messung großer Widerstände ist ein kleiner Strom ausreichend, weil dieser am Widerstand schon eine genügend hohe Spannung für die Auswerteelektronik erzeugt. Bei kleinen Widerständen muss der Strom größer sein, um eine ausreichend große Spannung zu erzielen.

Die Stromhöhe im kleinsten Widerstandsmessbereich ist bei den meisten Multimetern begrenzt, da sich sonst die Batterie des Messgerätes zu schnell entleeren und die Nutzungszeit des Multimeters insgesamt stark eingeschränkt wäre. Zudem besteht bei einem hohen Messstrom die Gefahr einer Widerstandsänderung des Messobjektes aufgrund der damit verbundenen Eigenerwärmung und u. U. kann es auch überlastet werden. Die sehr hochwertigen (und teuren) digitalen Messgeräte für die Messung von Widerständen im mΩ- oder µΩ-Bereich vermeiden diese thermische Belastung, in dem sie mit gepulsten Strömen arbeiten.

Bei der Messung sehr kleiner Widerstände muss zudem bedacht werden, dass das Messergebnis durch die nicht mehr vernachlässigbaren Widerstände der Messleitungen stark verfälscht wird. Dieser Einfluss lässt sich aber mit speziellen 4-Draht-Messleitungen (Vierleitertechnik, Kelvinanschluss) sehr einfach unterbinden. Mit diesen kann der vom Multimeter generierte Konstantstrom so nah wie möglich an das Messobjekt gebracht und gleichzeitig die dabei entstehende Spannung unmittelbar gemessen werden.

Hinweis

Mit Hilfe einer einfachen Schaltung, die aus dem preiswerten analogen Spannungsregler LM317, einem Widerstand und einem Kondensator besteht, lässt sich eine genaue Konstantstromquelle für einen Strom von 1 A aufbauen. Damit ist es möglich – unter Einsatz der Vierleitertechnik – auch mit preiswerten Multimetern Widerstände im mΩ-Bereich zu messen.

 

Mit einem Ohmmeter kann der Widerstand eines einzelnen Bauelementes innerhalb einer elektronischen Schaltung nicht gemessen werden, weil zu diesem Bauelement in der Regel über die Verdrahtung weitere Bauelemente in Reihe und/oder parallel geschaltet sind und sich somit ein falscher Messwert ergibt. Außerdem beeinflusst eine evtl. am Bauelement liegende Spannung die Messung und kann im Messgerät einen Schaden verursachen. Daher gilt:

Widerstandsmessungen an Bauelementen in einer elektronischen Schaltung dürfen nur im spannungsfreien Zustand der Schaltung vorgenommen werden.

Um keine fehlerhaften Messergebnisse durch andere Bauelemente in der Schaltung zu erhalten, müssen vor der Messung einige Anschlussbeine oder das komplette Bauelement ausgelötet werden.

Für die Überprüfung eines Standard-Kohleschichtwiderstandes reicht es z. B. aus, ein Anschlussbein auszulöten (Bild 39).

Widerstandsmessung in Schaltung
Bild 39: Richtige Widerstandsmessung in einer elektronischen Schaltung

Manchmal ist es allerdings einfacher den Wert eines Widerstandes in einer elektronischen Schaltung indirekt über die Strom- und Spannungsmessung zu ermitteln. Das setzt voraus, dass der Strom durch den Widerstand entweder durch Auftrennen des Stromkreises, oder über eine Stromzange gemessen werden kann.

 

 

4.6.4 Strom- und spannungsrichtige Messung

Soll der Wert eines unbekannten Widerstandes indirekt über eine gleichzeitige Strom- und Spannungsmessung ermittelt werden, entsteht während der Messung ein systematischer Fehler. Dieser ergibt sich aus der Tatsache, dass nur eine der beiden Messgrößen richtig gemessen werden kann.

Liegt das Amperemeter in Reihe zum unbekannten Widerstand Rx, wird der Strom richtig gemessen (Bild 40 a, Stromrichtige Messung); es entsteht aber am Amperemeter ein zusätzlicher Spannungsfall UM. Das Voltmeter misst somit die Summe der Spannungen UM + URx. Ist der Innenwiderstand des Amperemeters im gewählten Messbereich bekannt, kann der Fehler mathematisch korrigiert werden.

Strom- und spannungsrichtige Messung
Bild 40: Strom- und spannungsrichtige Messung

Bei der zweiten Schaltungsvariante wird die Spannung am unbekannten Widerstand korrekt gemessen (Bild 40 b, Spannungsrichtige Messung). Da das Voltmeter aber einen Strom benötigt, um das Messergebnis zu generieren, misst das Amperemeter die Summe der Ströme IM + IRx. Ist der Innenwiderstand des Voltmeters im eingestellten Messbereich bekannt, kann der Fehler „herausgerechnet“ werden.

Der entstehende Spannungsmessfehler ist in der stromrichtigen Messanordnung vernachlässigbar, wenn der Widerstand Rx wesentlich größer als der Innenwiderstand des Amperemeters ist. In diesem Fall hat die sehr kleine Spannung UM keinen signifikanten Einfluss auf das Messergebnis des Voltmeters. Die stromrichtige Messung eignet sich daher nur für die Messung großer Widerstände.

Dementsprechend liefert die spannungsrichtige Messung nur für kleine Widerstände nahezu korrekte Strommesswerte, weil dann der durch das Voltmeter fließende sehr kleine Strom IM vernachlässigt werden kann.

Die stromrichtige Messung eignet sich nur für die Messung großer Widerstände.

Die spannungsrichtige Messung eignet sich nur für die Messung kleiner Widerstände.

 

4.6.5 Videoclip „Anleitung Multimeter“

Das leicht verständliche englischsprachige Internetvideo [8] erklärt auf einfache Weise die Bedienung des Multimeters.

 


 


 

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