4 Elektrische Grundgrößen
4.5 Elektrischer Widerstand
Wird eine Spannungsquelle mit einem elektrischen Betriebsmittel verbunden, entsteht ein geschlossener Stromkreis. Dabei sorgt das angeschlossene Gerät dafür, dass der Quelle nur ein für die einwandfreie Funktion notwendiger Strom entnommen wird. Die Höhe des Stromes kann im Betrieb konstant sein, aber auch geringfügig oder stark schwanken. Sie hängt u. a. von der Versorgungsspannung des Betriebsmittels oder dem eingestellten Betriebsmodus ab. Da der Strom mehr oder weniger stark begrenzt wird, setzt jedes Gerät dem elektrischen Strom zu jedem Zeitpunkt einen definierten elektrischen Widerstand R entgegen. Die Größe dieses Widerstandes lässt sich über die Höhe der angelegten Spannung und des fließenden Stromes bestimmen.
In der Regel lässt sich für einen bestimmten Betriebszustand eines Gerätes ein durchschnittlicher oder konstanter elektrischer Widerstand ermitteln. Wir wollen nun mit Hilfe eines preiswerten Stromkostenmessgerätes untersuchen, wie groß die Stromaufnahme eines aufheizenden Dampfbügeleisens und eines Radios bei Netzspannung ist (Bild 17). Dazu wird das Messgerät zwischen der Steckdose und den Anschlusssteckern der Geräte geschaltet.
Bild 17: Energiemessgerät und Geräte, deren Widerstand bestimmt werden soll.
Im Bild 18 sind die Messergebnisse des Stromkostenmessgerätes bei Betrieb des Bügeleisens und des Radios dargestellt.
Bild 18: Gemessene Strom- und Spannungswerte beim Bügeleisen und beim Radio
Zunächst einmal fällt auf, dass die Netzspannung nicht exakt 230 V beträgt, sondern geringfügig davon abweicht. Genau genommen ist sie – wie die Klemmenspannung eines Primär- oder Sekundärelementes (Siehe 5.7 Reale Spannungsquellen) – von der Belastung abhängig und darf nach DIN IEC* 60038 um ±10 %, also zwischen Umin = 207 V und Umax = 253 V schwanken.
*
Die Spannung am Bügeleisen ist etwas geringer als die Spannung am Radio. Durch das Bügeleisen fließt im Vergleich zum Radio ein wesentlich höherer Strom. Das Radio hemmt den Stromfluss bei fast gleicher Spannung somit um ein Vielfaches stärker – es hat einen größeren Widerstand. Mit den gemessenen Werten, die jeweils in die Widerstandsgleichung {4.5.1} eingesetzt werden, ergeben sich die Widerstände der beiden Betriebsmittel.
Die ermittelten Werte lassen sich auch grafisch in einem Koordinatensystem (U-I-Diagramm) darstellen (Bild 19).
Bild 19: Arbeitspunkte und idealisierte Widerstandskennlinien
Die gemessenen Strom- und Spannungswerte sind als Punkte im Diagramm eingezeichnet. Unter der idealisierten Voraussetzung, dass die Innenwiderstände der Geräte unabhängig von der angelegten Spannung und der Betriebstemperatur immer den gleichen Wert besitzen, ergeben sich Widerstandsgeraden, die im Ursprung des Diagramms beginnen müssen, da bei einer Spannung von 0 V kein Strom fließen kann.
Jeder Punkt auf den Geraden ergibt ein U-I-Verhältnis, das dem Wider-standswert des Gerätes entspricht. Wird bei einem konstanten Widerstand die Versorgungsspannung des Bügeleisens auf 120 V abgesenkt, so fließt ein um den gleichen Faktor verringerter Strom von ca. 2,9 A (schwarzer Punkt auf der Wider-standsgeraden). Der Wert kann durch Umstellen der Widerstandsgleichung nach I genau berechnet werden.
Der berechnete Wert stimmt mit dem im Diagramm ablesbaren Wert überein. Die idealisierte Widerstandsgerade des Radios hat, bedingt durch den sehr kleinen Betriebsstrom von 27 mA, einen kaum sichtbaren Anstieg. Sie verläuft sehr flach entlang der U-Achse.
Aufgabe:
Zeichnen Sie zur Übung die Widerstandsgeraden für die konstanten Widerstände R = 56 Ω und R = 330 Ω in dieses Diagramm. Nach dem Zeichnen finden Sie hier die Lösung.
Mit dem korrekten Zeichnen der Widerstandsgeraden in das Diagramm, haben Sie bereits das ohmsche Gesetz angewendet, welches nur für den Fall gilt, dass der Widerstandswert unabhängig von der Temperatur und der angelegten Spannung konstant ist. Es soll das nächste Thema sein.
4.5.1 Das ohmsche Gesetz
Um Ihnen zu verdeutlichen, wie ein konstanter elektrischer Widerstand in einem Diagramm dargestellt wird, wurde vorausgesetzt, dass das Dampfbügeleisen und das Radio einen gleichbleibenden internen Widerstand besitzen. Tatsächlich ist das nicht der Fall und die berechneten Widerstandswerte gelten nur für die gemessenen Betriebsspannungen. Im Radio würde eine zu kleine Betriebsspannung z. B. zu einer Verschiebung der Arbeitspunkte der internen elektronischen Schaltungen führen. Halbleiter-Bauelente oder integrierte Schaltkreise sperren den Stromfluss dann vollständig. Der Widerstand des Gerätes wird stark zunehmen. Der Innenwiderstand des Bügeleisens wird sich bei kleinerer Spannung hingegen verringern, weil der Heizwicklungswiderstand von der Betriebstemperatur abhängig ist und eine kleinere Spannung weniger Heizenergie erzeugt.
Nun ist es aber nicht so, dass es konstante Widerstände nicht gibt. Im Gegenteil, es gibt sie in unterschiedlichen Bauformen und mit unterschiedlichen Toleranzen. Sie sind wichtige elektronische Bauelemente, ohne die es unmöglich wäre, eine komplexe elektronische Schaltung in Betrieb zu nehmen.
Georg Simon Ohm
Es ist daher grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem Verhältnis von Spannung und Strom bei einem bestimmten Betriebszustand eines elektrischen Gerätes und dem elektronischen Bauteil „Widerstand“. Im ersten Fall kann davon ausgegangen werden, dass bei identischer Betriebsspannung und Betriebsmodus immer der gleiche Betriebsstrom fließt und daraus ein bestimmter interner Betriebswiderstand resultiert. Im zweiten Fall stellt sich am konstanten Bauelement „Widerstand“ in der Regel immer ein identisches Spannung-Strom-Verhältnis unabhängig (!) von der Höhe der Betriebsspannung ein.
Im Jahr 1826 entdeckte der deutsche Physiker Georg Simon Ohm (1789-1854) als erster die Beziehung zwischen Spannung U, Widerstand R und Stromstärke I. Mit seiner Entdeckung schuf er das Grundgesetz der Elektrotechnik – das ohmsche Gesetz.
Er baute dazu die in Bild 20 dargestellte Schaltung auf. Sie bestand aus einem Generator, dessen Spannung veränderbar war, einem Strom- und Spannungsmessgerät und einem variablen Widerstand.
Bild 20: Messschaltung zur Bestimmung des ohmschen Gesetzes
Zunächst stellte er feste Widerstandswerte ein und erhöhte jeweils die Spannung kontinuierlich von 0 V beginnend. Dabei stellte er fest, dass der Strom im gleichen Verhältnis zunahm, wie die Spannung erhöht wurde. Eine Verdopplung der Spannung hatte auch eine Verdopplung des Stromes zur Folge. Er zeichnete seine Ergebnisse in ein U-I-Diagramm ein (Bild 21a).
Bild 21: Liniendiagramme zum ohmschen Gesetz (a: R = konst, U = variabel b: U = konst., R = variabel)
Als nächstes stellte er einen festen Spannungswert am Generator ein und veränderte den Widerstandswert. Seine Messungen ergaben, dass eine Vergrößerung des Widerstandes den Stromfluss um den gleichen Faktor verminderte. Ein doppelt so großer Widerstand verursachte bei der gleichen Spannung eine Halbierung des fließenden Stromes (Bild 21b).
Mit diesem Gesetz lässt sich mit zwei bekannten elektrotechnischen Grundgrößen die dritte bestimmen.
Beispiele:
Welcher Strom fließt durch einen Widerstand von R = 330 Ω, wenn an diesem eine Spannung von 9 V angelegt wird?
Wie groß ist die Spannung an einem Widerstand von R = 150 Ω, wenn durch diesen ein Strom von 2 A fließt?
Als Gedächtnisstütze für das ohmsche Gesetz kann das nebenstehende Symbol verwendet werden, welches sich als Wortlaut „URI“ gut einprägen lässt.
Die Linie unterhalb des Formelzeichens U symbolisiert den Bruchstrich. Ist z. B. der Widerstand R gesucht, wird er gedanklich im Dreieck ausgeblendet und mit dem übrigbleibenden Ausdruck U/I lässt sich die gesuchte Größe R berechnen.
4.5.2 Elektrischer Leitwert
Bisher wurde davon gesprochen, dass z. B. ein hoher Widerstand den Strom innerhalb eines Stromkreises stark begrenzt. Der gleiche Sachverhalt könnte aber auch anders formuliert werden: Die Leitfähigkeit des hohen Widerstandes ist sehr gering. Diese Leitfähigkeit wird in der Elektrotechnik mit dem Leitwert G beschrieben. Der Leitwert verhält sich umgekehrt proportional zum Widerstand. Es handelt sich also um den Kehrwert des Widerstandes. Ist der Widerstand klein, ist der Leitwert groß und umgekehrt.
In der Elektrotechnik ist es z. B. bei der Berechnung von Parallelschaltungen sehr vorteilhaft, mit den Leitwerten statt mit den Widerstandswerten zu rechnen. Umfangreiche Bruchterme mit Widerstandswerten lassen sich durch Einsatz der Leitwerte in einfach zu berechnende Summen verwandeln.
4.5.3 Bauformen von Widerständen
Widerstände gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Dabei werden Widerstände mit festen Werten und Widerstände, deren Größe verändert werden kann (Potentiometer, Trimmer) unterschieden. Festwiderstände besitzen zwei Anschlusskontakte. Bei einstellbaren Widerständen befindet sich zwischen zwei Kontakten die Widerstandsbahn und über einen dritten Anschluss wird die Verbindung zu einem auf der Bahn gleitenden Schleifkontakt hergestellt (Bild 22).
Bild 22: Funktionsprinzip einstellbarer Widerstand und Schaltzeichen
In hochintegrierten elektronischen Schaltungen werden überwiegend SMD-Widerstände verbaut (Nr. 1, 2, 3 in Bild 23). Trimmer (Nr. 10, 11, 12) eignen sich für den Abgleich einer elektronischen Schaltung. Die Einstellung wird in der Regel mit einem Schraubendreher vorgenommen und später nicht mehr verändert. Potentiometer (13, 14, 15) werden z. B. für die Lautstärkeregelung eines Audio-Verstärkers oder zur Einstellung der Ausgangsspannung eines Spannungsgenerators verwendet. Es gibt Potentiometertypen, die ihren Widerstand linear zum eingestellten Drehwinkel oder logarithmisch (Lautstärkeregler) verändern.
Mit Hilfe von Wendelpotentiometern (14) kann ein Widerstand sehr präzise eingestellt werden, da sich der Widerstand nicht nur innerhalb eines Drehwinkels von 270° oder 300°, sondern z. B. über ein Bereich von 10 Umdrehungen (3600°) einstellen lässt.
Bild 23: Übersicht Festwiderstände und einstellbare Widerstände [4]
Mechanische Potentiometer können nach jahrelangen Betrieb Störgeräusche beim Einstellen verursachen. Deshalb werden diese heute meist durch digitale Einstellkomponenten ersetzt. Sie erzeugen digitale Impulse, deren Zahl in einem bestimmten Verhältnis zum Drehwinkel oder Schiebeweg eines Reglers stehen.
4.5.4 Farbcode von Widerständen
Der Widerstandswert von Festwiderständen in der Standard-Bauform ist mit Farbringen codiert auf dem Widerstandskörper aufgebracht. Dabei orientiert sich der Farbcode an den Regenbogenfarben. Er beginnt mit der Farbe schwarz (0) und endet mit der Farbe weiß (9).
In Abhängigkeit der Toleranz des Widerstandes bestimmen die ersten beiden oder die ersten drei Farbringe den Zahlenwert des Widerstandes. Ab einer Genauigkeit von ± 2 % spezifizieren drei Farbringe den Zahlenwert. Der dritte bzw. vierte Ring gibt an, mit welcher Zehnerpotenz der Zahlenwert multipliziert werden muss. Der vierte bzw. fünfte Ring bestimmt den Toleranzbereich, den ein Widerstand aufgrund seiner Fertigung hat. Messwiderstände besitzen zudem einen ca. 1,5 bis 2 Mal breiteren Farbring, der den Temperaturbeiwert angibt – also den Faktor, um den sich der reale Widerstandswert bei einer Temperaturänderung von 1 K bzw. 1 °C ändert. Der erste Farbring ist leicht zu erkennen, da er näher an einem Anschlussbein liegt als der Toleranzring.
In Bild 24 sind neben dem Widerstandsfarbcode zwei Beispiele zur Interpretation des Codes angegeben.
Bild 24: Widerstandsfarbcode
4.5.5 E-Reihen
Widerstände können nicht mit einer beliebigen Genauigkeit gefertigt werden. Sie unterliegen Fertigungstoleranzen. Die Einteilung der Widerstände erfolgt nach DIN IEC 60063 mit Hilfe der E-Reihen (Tabelle 1). Jede E-Reihe steht für einen definierten Toleranzbereich. Die Zahl hinter dem „E“ beschreibt die Zahl der unterschiedlichen Widerstandswerte innerhalb einer Dekade. So beträgt z. B. der Toleranzbereich der E6-Reihe 20 %. Es reichen daher sechs unterschiedliche Widerstandswerte in einer Dekade aus.
Hat ein Widerstand der E6-Reihe den Wert von 100 Ω, so kann sein Wert zwischen 80 Ω und 120 Ω schwanken. Der nächste Widerstandswert in der E6-Reihe ist nach der unten stehenden Tabelle 150 Ω. Dieser Wert kann bei einer Toleranz von 20 % aber auch 120 Ω oder maximal 180 Ω betragen. Der Maximalwert des 100 Ω-Widerstandes ist in diesem Fall gleichzeitig der Minimalwert des 150 Ω-Widerstandes. Der Bereich von 80 bis 180 Ω wird somit lückenlos abgedeckt. Die übrigen Werte der E6-Reihe vervollständigen den Bereich von 178 Ω bis 816 Ω und in der nächsten Dekade ist der kleinste Widerstandwert des 1 kΩ-Widerstandes bei 20 % Toleranz dann 800 Ω. Es kommt somit auch zu geringfügigen Überschneidungen der möglichen Widerstandswertbereiche.
Mit kleineren Fertigungstoleranzen nimmt die Zahl der möglichen Widerstandswerte in einer Dekade zu. Bei 5 % Toleranz (E24) gibt es z. B. 24 verschiedene Widerstandswerte innerhalb einer Dekade.
In der Tabelle wurde die Hintergrundfarbe der Tabellenspalten identisch mit der Farbe des Wider-standfarbringes für die Toleranz gewählt. Auf die Darstellung der E-Reihe E192 (0,5 % Toleranz) wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.
Im Netz finden Sie detaillierte Informationen zu den E-Reihen.
E3 (> 20 %) |
E6 (20 %) |
E12 (10 %) |
E24 (5 %) |
E48 (2 %) |
E96 (1 %) |
1,0 |
1,0 |
1,0 |
1,0 |
1,00 |
1,00 |
1,02 |
1,05 |
1,05 |
1,07 |
1,1 |
1,10 |
1,10 |
1,13 |
1,15 |
1,15 |
1,18 |
1,2 |
1,2 |
1,21 |
1,21 |
1,24 |
1,3 |
1,27 |
1,27 |
1,30 |
1,33 |
1,33 |
1,37 |
1,40 |
1,40 |
1,43 |
1,5 |
1,5 |
1,5 |
1,47 |
1,47 |
1,50 |
1,54 |
1,54 |
1,58 |
1,6 |
1,62 |
1,62 |
1,65 |
1,69 |
1,69 |
1,74 |
1,8 |
1,8 |
1,78 |
1,78 |
1,82 |
1,87 |
1,87 |
1,91 |
2,0 |
1,96 |
1,96 |
2,00 |
2,05 |
2,05 |
2,10 |
2,2 |
2,2 |
2,2 |
2,2 |
2,15 |
2,15 |
2,21 |
2,26 |
2,26 |
2,32 |
2,4 |
2,37 |
2,37 |
2,43 |
2,49 |
2,49 |
2,55 |
2,61 |
2,61 |
2,67 |
2,7 |
2,7 |
2,74 |
2,74 |
2,80 |
2,87 |
2,87 |
2,94 |
3,0 |
3,01 |
3,01 |
3,09 |
3,16 |
3,16 |
3,24 |
3,3 |
3,3 |
3,3 |
3,32 |
3,32 |
3,40 |
3,48 |
3,48 |
3,57 |
3,6 |
3,65 |
3,65 |
3,74 |
3,9 |
3,9 |
3,83 |
3,83 |
3,92 |
4,02 |
4,02 |
4,12 |
4,3 |
4,22 |
4,22 |
4,32 |
4,42 |
4,42 |
4,53 |
4,7 |
4,7 |
4,7 |
4,7 |
4,64 |
4,64 |
4,75 |
4,87 |
4,87 |
4,99 |
5,1 |
5,11 |
5,11 |
5,23 |
5,36 |
5,36 |
5,49 |
5,6 |
5,6 |
5,62 |
5,62 |
5,76 |
5,90 |
5,90 |
6,04 |
6,2 |
6,19 |
6,19 |
6,34 |
6,49 |
6,49 |
6,65 |
6,8 |
6,8 |
6,8 |
6,81 |
6,81 |
6,98 |
7,15 |
7,15 |
7,32 |
7,5 |
7,50 |
7,50 |
7,68 |
7,87 |
7,87 |
8,06 |
8,2 |
8,2 |
8,25 |
8,25 |
8,45 |
8,66 |
8,66 |
8,87 |
9,1 |
9,09 |
9,09 |
9,31 |
9,53 |
9,53 |
9,76 |
Tabelle 1: E-Reihen
4.5.6 Nichtlineare Widerstände
Wie bereits erwähnt, kann der Widerstand eines Betriebsmittels stark schwanken. Sehr deutlich zeigt sich dies an einer einfachen Glühlampe, die bei einer Nennspannung von 12 V einen Strom von 100 mA (Lampenprägung 12 V / 0,1 A) aufnehmen soll. Wird sie an einen Gleichspannungsgenerator angeschlossen und die Spannung von 0 V bis ca. 14 V kontinuierlich erhöht, ergibt sich eine nichtlineare Widerstandskennlinie. Die Kennlinie verläuft bei einer Spannung unter 0,5 V (kalte Lampe) sehr steil, der Lampenwiderstand ist somit klein (Bild 25).
Bild 25: Nichtlineare (rote) Widerstandskennlinie einer Glühlampe
Um den Widerstandswert im Punkt P1 zu ermitteln, zeichnet man eine Widerstandsgerade, die die Kurve im Punkt P1 berührt (Tangente). Da sich in diesem Punkt die Strom- und Spannungswerte für die Berechnung des Widerstandes schlecht ablesen lassen, wählen wir den Punkt P1' auf der grünen Widerstandsgeraden. Das dürfen wir tun, da das Spannungs- und Stromverhältnis (der Widerstand) für alle Punkte auf der grünen Geraden gleich ist. Mit der Spannung U = 2,5 V und dem Strom I = 82 mA ergibt sich ein Lampenwiderstand im Punkt P1 von …
Widerstand der Glühlampe im kaltem Zustand
Bei einer Spannung von 12 V, soll – laut Prägung auf der Glühlampe – ein Nennstrom von 100 mA fließen. Tatsächlich ist dies erst bei etwa 14 V der Fall. Ursache dafür sind auch hier Fertigungs-toleranzen, die jedoch optisch nicht auffallen und daher unbedeutend sind.
Um den Betriebswiderstand der Glühlampe bei 12 V zu bestimmen, wird eine zweite Widerstandsgerade gezeichnet. Diese muss (wie auch schon die erste) im Ursprung des U/I-Diagramms beginnen und schneidet daher die nichtlineare Widerstandskennlinie der Glühlampe im Punkt P2. Bei 12 V kann ein Strom von 96 mA abgelesen und der Lampenwiderstand für diesen Betriebspunkt mit dem ohmschen Gesetz berechnet werden.
Widerstand der Glühlampe bei Nennspannung
Der kleine „Kaltwiderstand“ der Glühlampe ist der Grund dafür, dass Glühlampen meist beim Einschalten zerstört werden. Wird die Glühlampe mit der Nennspannung von 12 V eingeschaltet, so ist der Strom im Einschaltmoment etwa 4-mal höher, als der Strom, der bei Betriebstemperatur durch die Glühlampe fließt.
Halten wir also fest:
In den nächsten beiden Abschnitten werden Sie erfahren, warum die Glühwendel auch im fast kalten Zustand einen Widerstand besitzt (Widerstand eines Leiters) und wodurch es zum Anstieg des Widerstandswertes in der Glühlampe kommt (Temperaturabhängigkeit von Widerständen).
4.5.7 Widerstand eines Leiters
In Abschnitt 4.3.2 Stromdichte haben Sie erfahren, dass sich die Leitung einer Kabeltrommel bei einem zu hohen Strom unzulässig erwärmen kann. In diesem Fall wird die Leitung selbst zum Betriebsmittel (sie gibt thermische Energie ab) und „raubt“ dem angeschlossenen Gerät ein Teil der Energie. Sie stellt somit einen elektrischen Widerstand dar.
Jeder leitfähige Werkstoff besitzt freie Elektronen und positiv geladene Atomkerne (positive Ionen), die in Form eines Raumgitters fest angeordnet sind. In Abhängigkeit des Materials unterscheiden sich die Abstände zwischen den Atomkernen und somit der dazwischen liegende freie Raum innerhalb des Raumgitters. Sind die Atome sehr eng angeordnet, kann sich nur ein kleinerer Strom durch sie hindurch bewegen. Der Widerstand des Leiters ist größer.
Die Abhängigkeit wird durch den spezifischen Widerstand ρ (griechisch: Rho) eines Werkstoffes beschrieben.
Die Stromflusseigenschaft eines Leiters kann alternativ auch mit Hilfe seiner spezifischen Leitfähigkeit γ (griechisch: Gamma) ausgedrückt werden. Diese ist der Kehrwert des spezifischen Widerstandes. Die spezifische Leitfähigkeit eines Werkstoffes ist groß, wenn sein spezifischer Widerstand klein ist, und klein, wenn der spezifische Widerstand groß ist.
Da Kupfer oder andere Materialien eine unterschiedliche Reinheit aufweisen können, variieren die spezifischen Werte in der Literatur geringfügig.
Eine Übersicht verschiedener Werkstoffparameter finden Sie in dieser Werkstoffdaten-Tabelle, die Sie später für unterschiedliche Berechnungen benötigen. Es ist daher zu empfehlen, sie auszudrucken und zu Ihren Unterlagen zu legen.
Aus der Definition des spezifischen Widerstandes wird deutlich, dass der Widerstand eines Leiters nicht nur vom Leitermaterial, sondern auch vom Querschnitt A und der Länge l abhängt (Bild 26).
Bild 26: Der Widerstand eines Leiters ist abhängig von Material, Länge und Querschnitt
Hat der Leiter einen kleinen Querschnitt, können weniger Ladungen pro Zeiteinheit transportiert werden und der Widerstand steigt. Leiterwiderstand und Querschnitt verhalten sich daher umgekehrt proportional.
Mit zunehmender Leiterlänge müssen die Elektronen einen längeren Weg innerhalb des Leiters zurücklegen. Dadurch steigt auch die Zahl der elastischen Kollisionen mit Elektronen, Atomkernen oder Phononen (siehe 3.7.1 Elektronenstrom). Der Widerstand des Leiters steigt proportional zur Leiterlänge.
Werden diese beiden Zusammenhänge und die spezifische Materialkenngröße in Form von ρ oder γ mathematisch verknüpft, so ergibt sich die Gleichung für den Widerstand eines Leiters.
Mit dem Kehrwert des Widerstandes kann bei Bedarf auch der elektrische Leitwert des Leiters berechnet werden.
Beispiel:
Ein 215 m langer Kupferdraht hat eine Querschnittsfläche von 1,5 mm2. Welchen Widerstandswert besitzt der Draht?
Die gegebenen Informationen sind im Aufgabentext fett dargestellt und die gesuchte Größe zusätzlich rot hervorgehoben. Da der Draht aus Kupfer besteht, wird der spezifische Widerstand für Kupfer benötigt. Die gegebenen und gesuchten Größen sind daher:
Gegeben: l = 215 m, A = 1,5 mm2, ρCu = 0,01785 Ω·mm2/m Gesucht: R
Für die Berechnung benötigen Sie die Gleichung {4.5.6}, die Sie nicht umstellen müssen, da R gesucht ist. Das Einsetzen der gegebenen Größen ergibt.
Die Einheiten „mm2“ und „m“ lassen sich herauskürzen, so dass sich für den gesuchten Widerstand korrekt die Einheit „Ω“ ergibt.
Alternativ hätten Sie auch mit der spezifischen Leitfähigkeit und der Gleichung {4.5.7} rechnen können und wären zum gleichen Ergebnis gekommen. Der Vorteil dabei: Den Zahlenwert für die spezifische Leitfähigkeit von Kupfer (56) kann man sich leichter merken.
4.5.8 Temperaturabhängigkeit von Widerständen
Der elektrische Widerstand reiner Metalle wie z. B. Kupfer, Silber und Aluminium steigt mit der Zunahme der Temperatur. Sie besitzen im kalten Zustand eine höhere Leitfähigkeit und werden daher als „Kaltleiter“ bezeichnet.
Bild 27: Die Atomrümpfe schwingen bei Erwärmung stark und behindern dadurch den Stromfluss
Auch dieses Verhalten hat seine Ursache in der Raumgitterstruktur der Metalle. Mit höherer Temperatur schwingen die Atomrümpfe um ihre Ruhelage und schränken dadurch die Bewegungsfreiheit der Elektronen ein. Es kommt vermehrt zu Kollisionen (Bild 27).
Die Größe der Widerstandszunahme wird mit dem materialspezifischen linearen Temperaturbeiwert α (Alpha) beschrieben. Er liefert bis 100 °C gute Näherungswerte, obwohl der Temperaturbeiwert exakt nur für die Temperatur von 20 °C gilt.
Bei 20 °C beträgt der Temperaturbeiwert bei den meisten Metallen α ≈ 0,004 K-1 (siehe auch Werkstoffdaten-Tabelle).
Bild 28: Temperaturabhängigkeit eines Metallwiderstandes
Im Bild 28 ist der Widerstandswert in Abhängigkeit der Temperatur als rote Gerade eingezeichnet. Der Widerstand steigt linear mit der Temperatur. Dies gilt nur näherungsweise für Temperaturen bis ca. 100 °C.
Bei einer Temperaturänderung um Δϑ ändert sich der Widerstand eines Metalls um den Betrag ΔR auf den Wert von Rϑ.
Der Warmwiderstand lässt sich somit durch Addition des Widerstandswertes bei 20 °C mit der Widerstandszunahme ΔR berechnen.
Bild 29: Kaltleiter und Heißleiter
Bei einer Erwärmung über 100 °C verformt sich die Gerade zu einer Kurve, die mit zunehmender Temperatur einen steileren Anstieg besitzt (Bild 29, rote Kurve).
Der lineare Temperaturbeiwert α reicht dann für eine annähernd genaue Berechnung des Warmwiderstandes nicht mehr aus und es muss zusätzlich der Quadratische Temperaturbeiwert β berücksichtigt werden.
In Bild 29 ist zum Vergleich zusätzlich die Temperaturabhängigkeit des Widerstandes eines Heißleiters (blaue Kurve) dargestellt. Heißleitereigenschaften besitzen z. B. die elektronischen Bauelemente Diode und Transistor. Sie bestehen aus unterschiedlich dotierten (mit Fremdatomen verunreinigten) Halbleitermaterialien.
Wie Sie in Abschnitt 4.5.6 Nichtlineare Widerstände gesehen haben, steigt mit größerer Spannung der Widerstand einer Glühlampe. Eine Erhöhung der Spannung vergrößert die Helligkeit der Lampe und somit die Temperatur in der der Glühwendel. Der Widerstand des Wendelmaterials steigt. Jede Glühlampe ist somit ein Kaltleiter (PTC).