5 Zusammenschaltung von Widerständen
5.1 Innenwiderstände von Betriebsmitteln
Im letzten Kapitel haben Sie gelernt, dass jedes elektrische Betriebsmittel
dem Strom beim Anlegen einer bestimmten Betriebsspannung einen definierten
Widerstand entgegensetzt. Der Strom wird durch den Innenwiderstand R
des Betriebsmittels begrenzt. Der Geräteinnenwiderstand wird von verschiedenen
Faktoren, wie z. B. der Höhe der Versorgungsspannung, der Geräteinnen- und
der Umgebungstemperatur sowie den u. U. nichtlinearen Widerstandskennlinien
der unterschiedlichen Bauelemente bzw. Baugruppen beeinflusst. Beim Anlegen
der auf dem Typenschild des Gerätes angegebenen Nennspannung und einem definierten
Betriebszustand des Gerätes, stellt sich in der Regel immer der gleiche
Innenwiderstand und somit Betriebsstrom ein. Der Innenwiderstand R
des Gerätes kann in diesem Betriebszustand als konstant angesehen und berechnet
werden. In Bild 1 ist dieser Sachverhalt im linken Bildteil dargestellt.
Beim Anschließen einer Glühlampe an eine Batterie, wäre der Widerstand
R direkt von der angelegten Spannung abhängig. Die vereinfachte
Darstellung würde der Realität entsprechen, weil es in der Schaltung (bei
vernachlässigbaren Leitungswiderständen!) tatsächlich auch nur einen von
der Spannung bzw. von der Temperatur der Glühwendel abhängigen Widerstand
gibt.
Bild 1: Vereinfachtes und reales Innenleben
eines komplexen Gerätes mit Maschen und Knoten
Bei komplexen Geräten, wie z. B. einem PC oder MP3-Player, besteht der
indirekt über die Strom- und Spannungsmessung bestimmbare Innenwiderstand
real aber nicht nur aus einem, sondern aus einer Vielzahl unterschiedlicher
einzelner Widerstände und anderer Bauelemente, die in Serie, parallel oder
anderweitig zusammen geschaltet sind (rechter Bildteil, Bild 1).
Dadurch entstehen verschiedene Stromkreise, in denen es zu einer mehrfachen
Aufteilung des in das Gerät fließenden Gesamtstromes und der angelegten
Betriebsspannung kommt. Es existieren Leitungsverbindungen, die als orange-farbene
Knoten (K1, K2
und K3) im Bild hervorgehoben sind. Hier findet eine
Aufteilung eines großen Stromes (Hinweg) bzw. eine Zusammenführung unterschiedlicher
kleinerer Teilströme (Rückweg) statt. Jeder geschlossene Umlauf eines Schaltungsteiles
stellt eine jeweils blau dargestellte Masche (M1
und M2) dar. Hier teilt sich die jeweils speisende Spannung
im Verhältnis der Widerstände auf. Es entstehen unterschiedliche Potenziale.
Um diese komplexen Stromkreise dimensionieren und berechnen zu können,
werden zusätzlich zum ohmschen Gesetz zwei weitere fundamentale Gesetze
der Elektrotechnik benötigt – die Kirchhoffschen Gesetze.
Sie beschreiben das Verhalten der Ströme in den Knoten und der Spannungen
in den Maschen.
Für die folgenden Betrachtungen wird vorausgesetzt, dass es sich bei
den internen Bauelementen des in Bild 1 dargestellten Betriebsmittels
ausschließlich um reine lineare Widerstände handelt.
Als Beispiele für die Erläuterung der im nächsten Abschnitt behandelten
Kirchhoffschen Gesetze, werden der in Bild 1 dargestellte Knoten K1
und die Masche M1 herangezogen.
5.2 Die Kirchhoffschen Gesetze
Gustav Robert Kirchhoff [1]
Die Kirchhoffschen Gesetze wurden 1845 von dem Physiker und Mathematiker
Gustav Robert Kirchhoff (1824–1887) formuliert. Sie beschreiben
die Zusammenhänge zwischen den elektrischen Strömen und Spannungen in verzweigten
Gleichstrom-Stromkreisen.
Kirchhoff war einer der bedeutendsten Physiker seiner Zeit. Seine Vorlesungen
zur experimentellen und theoretischen Physik waren berühmt und lockten Schüler
aus allen Ländern an (vgl. [2]).
Zusammen mit seinem lebenslangen Freund Robert Wilhelm Bunsen
(1811–1899) entwickelte er zudem die Spektralanalyse. Sie fanden heraus,
dass unterschiedliche chemische Elemente die Flamme eines Gasbrenners auf
charakteristische Weise färben. Mit diesem Verfahren entdeckten sie die
chemischen Elemente Caesium und Rubidium und revolutionierten die moderne
Astronomie, weil es mit dieser Technik u. a. möglich wurde, die Stoffzusammensetzungen
astronomischer Objekte, wie z. B. unserer Sonne zu ermitteln und zugleich
die Expansion des Weltalls nachzuweisen.
Bei den Kirchoffschen Gesetzen handelt es sich um Spezialfälle der Energieerhaltungssätze.
Diese besagen, dass Energie nicht verloren gehen kann, sondern lediglich
in eine andere Energieform überführt wird.
5.2.1 Das 1. Kirchhoffsche Gesetz (Knotenregel)
Bild 2: Knotenregel
Über die Knoten einer Schaltung fließen Ströme von einem zum anderen
Schaltungsteil. In diesen Knoten können elektrische Ladungen weder entstehen,
noch verschwinden oder gespeichert werden.
In einem Knoten muss deshalb die Summe aller Ströme in jedem Augenblick
Null sein.
Dem Knoten zu fließende Ströme werden dabei positiv und die abfließende
Ströme negativ gezählt.
Für die Ströme im Knoten K1 (Bild 2) ergibt sich
somit der Zusammenhang:
I1 – I2 – I3 – I4 = 0 oder
I1 = I2 + I3
+ I4
Der zufließende Strom I1 ist genauso groß, wie die
Summe der abfließenden Ströme I2 + I3
+ I4.
Mit Hilfe des ersten Kirchhoffschen Gesetzes lassen sich Parallelschaltungen
verschiedener Widerstände berechnen.
5.2.2 Das 2. Kirchhoffsche Gesetz (Maschenregel)
Bild 3: Maschenregel
Über die Maschen einer Schaltung wird das elektrische Potenzial der
Ladung abgebaut. Nach einem vollen Umlauf einer Masche ist die Ladung wieder auf Ihrem Ausgangspotenzial.
In einer Masche muss daher die Summe aller Spannungen in jedem Augenblick Null sein.
Um Uhrzeigersinn gepfeilte Spannungen werden dabei positiv und gegen
den Uhrzeigersinn gepfeilte Spannungen negativ gezählt.
Für die Spannungen in der Masche M1 (Bild 3) besteht
der Zusammenhang:
U1 + U4 – U
= 0 oder
U = U1 + U4
Die Batteriespannung U ist genauso hoch, wie die Summe der beiden
Teilspannungen U1 und U4.
Mit Hilfe des zweiten Kirchhoffschen Gesetzes lassen sich Serienschaltungen
verschiedener Widerstände berechnen.
Die Kirchhoffschen Gesetze gelten auch in Wechselstromkreisen ohne Einschränkungen,
wenn z. B. im Stromkreis ausschließlich reine Widerstände oder statische
Strom- und Spannungsverhältnisse für einen bestimmten Betriebszustand vorhanden
sind.
5.3 Gesetze der Serienschaltung
Für die Herleitung der Zusammenhänge bei der Serienschaltung von Widerständen
werden zunächst nur einzelne unterschiedlich lange rechteckförmige Leiterstücke
aus Kupfer betrachtet, wie man sie z. B. bei Stromschienen vorfindet. Dabei
wird vorausgesetzt, dass die im Bild 4 dargestellten elektrischen Verbindungen
zwischen den einzelnen Leiterstücken keinen Widerstand besitzen.
Bild 4: Serienschaltung von Leitern
Der Widerstand eines Leiters ist nach Gleichung {4.5.6} vom Leitermaterial
ρ, seiner Länge l und seinem Querschnitt A abhängig.
Da im Bild 4 beide Leiterstücke aus Kupfer bestehen und den gleichen Querschnitt
besitzen, führt die Serienschaltung zu einer Erhöhung der Leiterlänge und
somit zu einer proportionalen Vergrößerung des Widerstandes. Die Elektronen
müssen nun einen längeren Weg durch den Gesamtleiter zurücklegen, was zu
zusätzlichen Kollisionen mit Elektronen, Atomkernen oder Phononen führt.
Eine Serienschaltung von einzelnen Widerständen führt somit immer zu einer
Erhöhung des Gesamtwiderstandes in einer Schaltung.
Dies lässt sich auch mit der Leitergleichung belegen. Die Gesamtleiterlänge
ist …
{5.3.1}
Die allgemeine Gleichung für den Leiterwiderstand {4.5.6} wird nach
der Länge umgestellt …
und die unterschiedlichen Längen der Widerstände Rg,
R1 und R2 in die Gleichung {5.3.1}
eingesetzt.

Durch eine anschließende Multiplikation der Gleichung mit dem spezifischen
Widerstand ρ sowie die Division der Gleichung mit der Fläche
A können diese Größen herausgekürzt werden. Es entsteht das 1.
Gesetz der Serienschaltung von Widerständen.
Um die weiteren Gesetzmäßigkeiten der Serienschaltung zu ermitteln, betrachten wir den linken
Stromkreis in Bild 5. Es ist deutlich zu erkennen, dass es in diesem Stromkreis
kein Stromknoten gibt. Es kommt daher nicht zu einer Verzweigung des Stromes.
Der Gesamtstrom I fließt in gleicher Höhe vom Pluspol des Generators
durch beide Widerstände und zum Minuspol des Generators zurück.
Die beiden in Reihe geschalteten Widerstände können mit der obigen Gleichung
durch einen Gesamtwiderstand Rg ersetzt werden. Durch
diesen fließt bei Anlegen der Gesamtspannung U der Gesamtstrom
I (rechter Stromkreis im Bild 5). Blickt man an den Anschlussklemmen
der Generatoren in beide Schaltungen hinein, so zeigen diese das gleiche
Betriebsverhalten.
Bild 5: Serienschaltung von Widerständen
Durch die verschiedenartigen Widerstände entstehen unterschiedliche Potenziale
innerhalb der Serienschaltung. Die Summe der entstehenden Teilspannungen
muss genauso groß sein, wie die vom Generator an den Klemmen bereitgestellte
Gesamtspannung (Maschenregel).
Dieser Sachverhalt kann auch anders formuliert werden: Weil der Strom
durch jeden Widerstand gleich groß ist, teilt sich die Gesamtspannung im
Verhältnis der Einzelwiderstände auf. Haben beide Widerstände den gleichen
Wert, so fällt an jedem die Hälfte der Gesamtspannung U ab.
Aus der Stromgleichung …

entsteht mit dem ohmschen Gesetz {4.5.2} …

Daraus lassen sich nun drei Verhältnisgleichungen ableiten, die bei Bedarf
verwendet werden können.
Mit diesen Verhältnisgleichungen lassen sich die Teilsspannungen und
Widerstände in der Serienschaltung auch ohne vorhergehende Ermittlung des
Stromes berechnen.
Bild 6: Lichterkette – Serienschaltung von Glühlampen
Beispiel:
In der links dargestellten Lichterkette (Bild 6) sind 20 Glühlampen mit
einer Nennspannung von jeweils 12 V und einer Leistung von 0,48 W in Serie geschaltet, um sie an einer Spannung
von 230 V betreiben zu können. Die Kette ist für eine maximale Spannung
von 240 V ausgelegt (20·12 V). Höhere Spannungen senken die Lebensdauer der
Glühlampen.
5.4 Gesetze der Parallelschaltung
Bild 7: Parallelschaltung von Leitern
Für die Herleitung der Gesetze der Parallelschaltung werden zunächst
ebenfalls rechteckförmige Leiterstücke aus Kupfer betrachtet.
In Bild 7 werden zwei gleich lange Leiterstücke mit unterschiedlichen
Querschnitten parallel geschaltet. Es kommt dabei zu einer Vergrößerung
des wirksamen Leiterquerschnittes.
Damit steht im Material eine größere Zahl freier Ladungsträger zur Verfügung.
Pro Zeiteinheit kann ein höherer Strom durch den Gesamt-
leiter fließen. Die Leitfähigkeit nimmt proportional zur Leiterfläche zu.
Eine Parallelschaltung von einzelnen Widerständen führt somit immer zu einer
Verringerung des Gesamtwider-standes.
Für die Ermittlung des genauen Zusammenhanges wird nun von der neuen
Gesamtfläche Ag ausgegangen, die sich aus den Teilflächen
A1 und A2 zusammensetzt.
{5.4.1}
Die allgemeine Gleichung für den Leiterwiderstand {4.5.6} wird nach
der Fläche umgestellt …

und die unterschiedlichen Flächen der Widerstände Rg,
R1 und R2 in die Gleichung {5.4.1}
eingesetzt.

Mit den anschließenden Divisionen der Gleichung durch den spezifischen
Widerstand ρ und durch die Länge l, lassen sich beide
Größen herauskürzen. Damit lautet das 1. Gesetz der Parallelschaltung von
Widerständen …
Die weiteren Gesetze der Parallelschaltung ergeben sich aus der Analyse
des linken Stromkreises in Bild 8. Im Stromkreis gibt es zwei Knoten. Im
oberen wird der Gesamtstrom I in die beiden Teilströme I1
und I2 aufgeteilt. Im unteren werden beide Teilströme
wieder zusammengeführt. Nach dem 1. Kirchhoffschen Gesetz setzt sich der
Gesamtstrom aus der Summe der Teilströme zusammen. Mit jedem neuen parallel
geschalteten Widerstand kommt es zu einem weiteren Stromzweig, der den Gesamtstrom
erhöht und damit den Gesamtwiderstand verringert.
Die parallel geschalteten Widerstände können mit den obigen Gleichungen
durch den Gesamtwiderstand Rg ersetzt werden. Durch
diesen fließt bei Anlegen der Gesamtspannung U der Gesamtstrom
I (rechter Stromkreis im Bild 8).
Bild 8: Parallelschaltung von Widerständen
Zwischen den Anschlussbeinen aller parallel geschalteten Widerstände
stellt sich die gleiche Potenzialdifferenz in Höhe der am Generator eingestellten
Spannung ein. Eine Aufteilung der Spannung kann nicht stattfinden.
Aus der Spannungsgleichung lassen sich die Verhältnisse zwischen den
Strömen und den Widerständen ableiten. Da sich Strom und Widerstand umgekehrt
proportional zueinander verhalten, verursacht ein kleiner Widerstand bei
konstanter Spannung einen größeren Strom als ein großer Widerstand.
Aus der Spannungsgleichung …

entsteht mit dem ohmschen Gesetz …

Daraus lassen sich nun ebenfalls drei unterschiedliche Verhältnisgleichungen
ableiten.
Mit diesen Verhältnisgleichungen lassen sich die Teilsströme oder Widerstände
(bzw. Leitwerte) in der Parallelschaltung auch ohne vorhergehende Ermittlung
der Spannungen berechnen.
Beispiel:
Schließen Sie elektrische Geräte an einer Vielfachsteckdose an, so sind
diese parallel geschaltet. Jedes weitere Gerät erhöht die Höhe des Stromes
bzw. senkt den Gesamtwiderstand. Überschreitet der Gesamtstrom der angeschlossen
Geräte den Nennstrom der Sicherung, so löst diese aus. Sie verhindert dadurch
eine Überlastung der Zuleitung.
Die Gesetze der Serien- und Prallelschaltung von Widerständen vermitteln
den Eindruck sehr umfangreich zu sein und könnten dazu verleiten, alle hergeleiteten
Formeln auswendig zu lernen. Dies wäre der falsche Weg, denn letztendlich
beruhen alle hergeleiteten Gesetze lediglich auf dem ohmschen Gesetz,
den beiden Kirchhoffschen Gesetzen und der Gleichung für
den Leiterwiderstand.
Haben Sie diese vier Zusammenhänge
wirklich verstanden, ergeben sich für Sie automatisch alle Gesetze der Serien-
und Parallelschaltung.